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Geschichte für ein Badewannenbuch
Ordnung in meine Gedanken, verrät Bert, bringe ich am besten in der Straßenbahn. Hier verändert sich das äußere Bild ständig und trotzdem sind mir die Straßen, Bäume, Haltepunkte vertraut. Herumliegende Gedanken ließen sich so bequem zu Ende denken. Glücklicherweise steige ich fast immer vorher aus.
A schreibt an einer Liste geheimer Lustbarkeiten (Eroberungen einer Stadt): Einen Tag lang Straßenbahn fahren. Alle Apotheken besuchen. Eine Kneipentour mit bemaltem Gesicht. Ein Fest, auf das sie nur ausgesucht unangenehme Menschen einlädt. Klingelpartie im Hochhaus mit Gegensprechanlage.
Der Lärm hat A vom Balkon wieder in die Wohnung zurückgestoßen. Sie sitzt am Schreibtisch ihres Liebsten. Sie haben einen Freund, für den ist der Schreibtisch eine Oase, er schwärmt für ihn wie für einen Menschen. Erst so langsam kommt A dahinter, was es mit dem Schreibtischwesen auf sich hat. Der Schreibtisch als Haus der Gedanken. Oder als Küche, Badewanne, ja ein Badewannenschreibtisch wäre nach A's Geschmack.
A und ihr Liebster haben den Schreibtischfreund besucht. Er hat ihm das größte Zimmer eingeräumt. Seine Küche ist schmal, unsozialer Wohnungsbau der fünfziger Jahre, gerade groß genug zum Einsperren einer Frau. Der Freund lebt alleine in einer Stadt, von der er nichts hält. Seine Wohnung lebt fast nur vom Schreibtisch, einem alten, großen, mit Blick auf das Bücherregal. Er besitzt fünf Schreibtischstühle.
Der Freund hat erzählt, wie er sich die Haare schneiden läßt. Ilona, eine arbeitslose Friseuse schneidet Bekannten die Haare, bei sich unterm Dach. Nach dem Waschen geht es auf den Speicher, Ilona mag keine Haare im Waschbecken, und hier oben schneidet sie und kehrt alle Haare auf einen Haufen. Auf dem liegen bereits die Haare der Vorgänger, lockige und dünne, blonde und schwarze Strähnen aufgetürmt. Man kann sich ein Bild machen vom Bekanntenkreis der Friseuse.
Sie sind auch in eine Galerie gegangen, haben den Wert der aufgestellten Ledersofas geschätzt und sich über die Sicherung der Bilder unterhalten. Wenn man hier ein heimliches Mikrofon installieren würde, meint A, würde sich sicher herausstellen, daß die Mehrheit der Gespräche sich um die Alarmanlagen und das Herausschmuggeln der Bilder drehte. Je versteckter die Anlagen, desto nobler die Galerie, desto wertvoller die Bilder. Offen aufgestellte Anlagen töten die Phantasie, und hat sich die Phantasie erst einmal entzündet werden auch die Bilder mit ganz anderen Augen gesehen und dann vielleicht auch gekauft. Keine Alarmanlagen bringen möglicherweise sogar das beste Geschäft.
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